Fahrbericht

Aha-Erlebnisse, U-Turn und der T-Virus

Wo soll man einen Artikel anfangen wenn man ein Wochenende ein Tesla Model S unterm Hintern hat. Bei der Leistung? Ja, schön, aber das ist ja nicht alles. Beim Komfort? Auch gut, aber dann würde das wieder die Leistung in den Hintergrund verdrängen. Reichweite kommt immer gut… aber die ist halt auch nicht alles. Ah, jetzt hab ich es. Fahrspaß. Ganz einfach. Und jede Menge Aha-Erlebnisse. In meiner Zeit als Zeitungsredakteur durfte ich viele Autos fahren und testen. Mercedes und BMW, Porsche und Hummer, Diesel und Hybrid, Sportwagen und Komfortklasse – es waren einige Kilometer die ich auf den Straßen verbracht habe. Aber: Kein Fahrzeug hat mich so begeistert wie das Tesla Model S.

Kleine Anmerkung:Es folgt kein Testbericht mit Fakten und Zahlen. In den folgenden Zeilen finden Sie einen Erlebnisbericht, der meine Meinung und Erfahrungen wiedergibt.

Der "Schlüssel" des Model S
Der „Schlüssel“ des Model S
Die Kombination aus Komfort, Leistung und Reichweite ist am Markt der E-Mobilität unerreicht. Schon die ersten Minuten im Model S 70D verlaufen – ich nenne es mal – kinderleicht. Ich habe keine Einweisung bekommen, was mich ein wenig einschüchtert. „Einsteigen, Bremse treten, D für Fahren, R für den Rückwärtsgang und P für Parken“, das sind die spärlichen Infos die ich bei der Übergabe herauskitzeln konnte. Vorsichtshalber trete ich mal nicht auf die Bremse, sondern verschaffe mir erstmal einen Überblick.Den Sitz stelle ich elektronisch über die kleinen Schalter an der linken Seite ein, bis ich bequem Platz gefunden habe. Ich erinnere mich an meinen Fahrlehrer. Das ist zwar schon eine Zeit her, aber seine Worte „Du brauchst im Verkehr eine gute Sicht“ haben sich in mein Hirn gebrannt. Also: Spiegel einstellen. Das 17″-große Display, welches sofort beim Einsteigen auffällt, kommt als nächstes unter die Lupe. Hier regle ich also alles, was ich sonst an verschiedenen Orten in den herkömmlichen Fahrzeugen finde. Multimediazentrale, Navigation, Klimaanlage, Fahrzeugeinstellungen – wer einen Tablet-PC bedienen kann, der kann Tesla fahren.Ok, Zeit den 70D mal anzuwerfen. Vorsichtig trete ich auf das Bremspedal und lege den kleinen Hebel am Lenkrad auf D. Langsam gehe ich von der Bremse und der Traum in weiß rollt langsam an. Ein zärtlicher Druck auf das Gaspedal beschleunigt das Fahrzeug und ich mache das, was ich schon immer so mache. Ich fahre. Nein, etwas ist anders. Ich gleite. Es ist anfangs etwas verwirrend, aber beim Tesla ist das Fahrgeräusch verschwindend gering. Lediglich das Abrollgeräusch ist zu hören. Kein wildes Fauchen, kein sonores Brummen. Ich biege um die erste Kurve und ziehe sofort Blicke auf mich. Ok, nicht ich ziehe die Blicke auf mich. Es ist das Erscheinungsbild des Teslas. Es sollen nicht die letzten interessierten Blicke sein.

Der Wendekreis und der U-Turn

Tesla Model S 70D
Tesla Model S 70D
Die erste Fahrt geht zu meiner Mutter. Wir müssen schnell etwas bei einer Bekannten holen. „Aber fahr nicht in die Straße, die ist sehr eng und du kannst nirgends umdrehen“, höre ich sie noch sagen und fahre mutig in die Sackgasse. Sie hat ja recht. Ein wenig eng ist es schon und das bullige Auftreten des 70D macht einem nicht viel Hoffnung auf ein spaßiges Wendemanöver. Ich lasse meine Mutter aussteigen und versuche mein Glück am Ende der Straße. Einschlagen, fahren bis es piept. Zentimetergenau manövrieren mich die Sensoren bis es nicht mehr geht. 81 Zentimeter, 53, 28… Piiiieeep. Rückwärtsgang. 76, 48, 18. Piieeeep. Vorwärtsgang und ich habe das 180°-Wendemanöver erfolgreich gemeistert. Kleinigkeit.Nun ist es so, dass ich in einer dicht besiedelten Gegend wohne. Parkplätze sind da – vor allem freitagabends – Mangelware. Ich entdecke eine Lücke die mir groß genug erscheint und will mit dem Parkmanöver loslegen. Mir fällt wieder mein Fahrlehrer ein. Rückspiegel an Rückspiegel halten, langsam nach hinten fahren bis der Spiegel an der B-Säule… Moment mal, war es die B-Säule… oder war es die C-Säule… Mist… Da meldet sich Tessi (mein gewählter Spitzname für das weiße Tesla Model S 70D). Parkassistent erscheint im Display. Ja, schön. Ich folge den Anweisungen brav, lege den Rückwärtsgang ein und lasse das Lenkrad los. Tessi macht das gut. Gekonnt gibt sie Gas und schlägt das Lenkrad zum richtigen Zeitpunkt ein. Ein paar ängstliche Blicke und fünf Sekunden später stehe ich perfekt auf meinem Parkplatz.

Aha-Effekt, Ausflug, Autobahn

Samstag. Ein Familientreffen steht auf dem Plan. Der Onkel ist ein Porsche-Fan. Der wird Augen machen. Schon beim gemeinsamen Kaffee fachsimpeln wir über Elektroautos, PS-Leistung und Traumautos. Drei Tassen Kaffee und zwei Stück Kuchen später stehen sieben Leute um das Model S. Mein Onkel, gelernter Kfz-Mechaniker, will mal einen Blick unter die Motorhaube werfen. Ich steige ins Auto, suche intuitiv am Display nach der richtigen Funktion zum Öffnen und muss schmunzeln. Ich Depp… Ich drücke auf den Button „Vorderen Kofferraum öffnen“ und freue mich auf das Gesicht der Verwandtschaft. Meister Onkel öffnet die „Motorhaube“ und staunt. Über nichts. Ein leerer Kofferraum grinst uns an. Durch die Abdeckung über der Achse ist zu erahnen wo die Motoren liegen. MotorEN, weil jeweils vorne und hinten ein Motor direkt an der Achse für Vorschub sorgt. Ich starte den Wagen und wieder staunen alle. „Läuft der schon“. Das ist übrigens einer der häufigsten Sätze die ich dieses Wochenende zu hören bekomme.

Tesla Model S 70D am Supercharger
Das Tesla Model S 70D am Supercharger in Wernberg-Köblitz
Wir entscheiden uns für einen Ausflug. Zwei Koffer und mehrere Taschen finden ihren Platz im Kofferraum am Heck des Fahrzeugs – und es ist noch ordentlich Platz. Vollgepackt geht es ab auf die Autobahn. Ich trete das Gaspedal zum ersten Mal aggressiv durch. Zoooooooom… Die 100 km/h erreiche ich in etwas über fünf Sekunden und Tessi beschleunigt weiter ordentlich. 334 berechnete PS können vom Model S 70D erwartet werden. Mein Bleifuß bleibt bis 202 km/h auf dem Gas. Die Reichweite leidet natürlich darunter. Aber das ist bei herkömmlichen Benzinern ja auch nicht anders. Um vollgeladen ins Wochenende starten zu können, entscheide ich mich für eine Rast am Autohof Wernberg. Nein, eigentlich wird mir diese Entscheidung abgenommen. Bei Fahrtantritt habe ich ja das Navigationssystem (Google-Maps) aktiviert. Automatisch wurde mir hier angezeigt, wie lange ich bis zum Ziel brauche – inklusive nötigen Stop beim Supercharger in Wernberg-Köblitz.Ich parke vor den Superchargern, den Tesla-eigenen Ladesäulen. Hier kann ich die Batterie gratis!!! laden. 40 Minuten zeigt es mir an um eine Reichweite von 330 Kilometern zu erreichen. Bis zu 400 Kilometer Reichweite könnte ich die Batterie laden. Die Restkapazität spare ich mir zugunsten eines schonenden Ladevorgangs. Nach 20 Minuten habe ich 200 Kilometer mehr Reichweite erreicht. Nach weiteren 12 Minuten bin ich „voll“. Während des Ladevorgangs komme ich mit drei interessierten Personen ins Gespräch. Wie weit kommst du damit? Wie schnell geht der? Was kostet der? Die Fragen kenne ich und meistere ich mit allerhand zusätzlichen Infos problemlos. Was bei der Ankunft bei der Bekanntschaft geschieht verwundert mich deswegen ebenfalls nicht. Große Augen, große Verwunderung, viele Fragen…

Zeit für Zauber

Was macht man Sonntagmittag? Genau! Essen gehen. Wir fahren also 30 Kilometer in ein Restaurant. Zu viert. Jetzt bin ich nicht der Kleinste und habe den Sitz ziemlich weit nach hinten gefahren. Trotzdem finden die Fahrgäste auf dem Rücksitz die Sitzposition nicht unangenehm. Apropos Rücksitz. An Familientauglichkeit gewinnt das Model S durch die integrierte Click-Befestigung für Kindersitze. Und wenn ich meinem Augenmaß trauen will, dann würde ich sagen, dass ein zusammengeklappter Kinderwagen locker in den Kofferraum passt. Wir machen uns also auf den Weg zum Restaurant.Es ist an der Zeit für ein bisschen Magie! Ich fahre auf die Autobahn, ziehe den Hebel des Fahrassistenten zweimal zu mir, stelle 120 km/h ein und erkläre gestenreich was ich da mache. Fahrassistent heißt im Tesla eigentlich „Fahren, Überholen und Bremsen mit Tempomat und Abstandsmesser“. Das muss erklärt werden. Ich fahre auf der rechten Spur mit einer eingestellten Geschwindigkeit von 120 km/h und aktivierten Fahrassistenten. Ab jetzt lenkt der Tesla eigenständig. Er orientiert sich hier an den Fahrbahnmarkierungen und dem Mittelstreifen. Fährt man auf ein Auto auf, das langsamer als 120 km/h fährt, bremst der Tesla automatisch ab und hält den Sicherheitsabstand ein. Nimmt man die Hände ständig vom Lenkrad, lenkt der Tesla zwar eifrig weiter, erinnert den Fahrer aber auch nach einiger Zeit, dass man die Hände am Lenkrad lassen soll.Auch das Spurwechseln geschieht, wenn ich will, automatisch. Ok, halbautomatisch. Ich fahre auf ein Auto auf, setze den Blinker. Tessi sagt „Hände ans Lenkrad“. Sobald genug Platz ist, wechselt mein Gefährt die Spur. Das selbe geht auch von Überholspur auf die rechte Fahrbahn. Beeindruckend! Ich bin erstaunt. Zugegeben: Anfangs ist es ein verdammt mulmiges Gefühl, wenn man der Technik die Kontrolle überlässt. Nach einiger Zeit möchte ich die Funkton nicht mehr missen. Und wenn ich wieder selbst steuern und Gas geben will, reicht ein leichtes Betätigen des Bremspedals und der Fahrassistent ist abgeschaltet. Die Fahrgäste sind anscheinend der gleichen Meinung. „Mach nochmal den Fahrassistenten an“, höre ich es bei der Rückfahrt aus dem hinteren Bereich tönen. Liegt wohl an der einwandfreien Funktion des Fahrzeugs. Oder liegt es etwa an meinem Fahrstil? Nein, sicher nicht 🙂

Multimedia

Ich bin ja ein Fan von moderner Multimedia. Mein Herz schlug sofort schneller, als ich sah, dass neben dem normalen Radio auch die Apps von Spotify und TuneIn zusammen mit einer Internetverbindung zur Verfügung stehen. So hat man immer seine Lieblingsmusik dabei.

Fazit

Ich sag es kurz und mathematisch:Fahrspaß = Komfort + Leistung + ReichweiteIch bin jedenfalls infiziert vom T(esla)-Virus und steige am Montag etwas betrübt in unseren XXX. Ja, XXX. XXX ist ein Platzhalter. Meinetwegen könnt ihr hier jedes Fahrzeug einfügen das euch gerade einfällt. Ich habe mein Auto gefunden!

Ein Gedanke zu „Aha-Erlebnisse, U-Turn und der T-Virus

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